„Nicht Aufklärung, sondern Begegnung macht den Unterschied“

Live aus Berlin: Der Vortrag <br/>von Raúl Krauthausen wurde<br/> nach Pforzen übertragen.
Live aus Berlin: Der Vortrag
von Raúl Krauthausen wurde
nach Pforzen übertragen.

Raúl Krauthausen, bekannter Aktivist und Blogger, sprach in Pforzen über Inklusion, Barrierefreiheit und Orte der Begegnung

Kaufbeuren, 28.9.2022 – „Wer bestimmt, was Inklusion ist?“, dieser Frage ging Raúl Krauthausen am Montagabend in der Veranstaltungshalle auf der Flohwiese in Pforzen auf den Grund. Obwohl der bekannte Aktivist und Blogger kurzfristig nicht live vor Ort im Ostallgäu sein konnte, kamen rund 70 Interessierte zur Veranstaltung der Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren e.V., um seinen Sichtweisen und Denkanstößen bei der Live-Übertragung aus Berlin zu folgen.

Inklusion bedeutet, alle Menschen in unsere Gesellschaft einzubeziehen. Aber: „Inklusion ist keine Checkliste“, kritisiert Krauthausen. Nichts, das man schnell abhaken könne. Wir wollen als Gesellschaft inklusiv sein – aber was bedeutet das? „Wenn wir eine inklusive Gesellschaft haben wollen, müssen wir auch die einladen, die dem Thema gegenüber skeptisch sind“, betont Krauthausen. Und wie funktioniert das? Der Inklusions-Aktivist gibt Denkanstöße: „Viele Veranstaltungen finden unter dem Aspekt der Aufklärung statt. Aber nicht Aufklärung, sondern Begegnung macht den Unterschied“, betont Krauthausen: „Wenn wir Orte der Begegnung schaffen wollen, müssen wir überraschen.“ Die Voraussetzung ist zunächst denkbar einfach: Barrierefreiheit. Beispielsweise barrierefreie Kindergärten, Kinos, Parks und allem voran ein barrierefreier Nahverkehr. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen mit Beeinträchtigung in allen Bereichen am Leben teilhaben können. Denn: „Inklusion bedeutet nicht, dass es einen Rollstuhlplatz im Theater gibt, sondern dass auch die Bühne barrierefrei ist“, verdeutlicht Krauthausen.

Um die Barrierefreiheit und damit auch das Thema Inklusion voranzutreiben, hat Krauthausen viele Forderungen: Das Klagerecht für behinderte Menschen müsse gestärkt werden, im Moment seien diese noch viel mehr Bittsteller. Des Weiteren fordert der Aktivist Menschen mit Beeinträchtigung in Führungspositionen oder als Projektleitungen. Kritisch sieht er die aktuellen Strukturen in der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung: „Viele behinderte Menschen sind fälschlicherweise in Förderschulen oder Behinderten-Werkstätten einsortiert worden, weil sie nicht über Alternativen aufgeklärt wurden.“

Laut Krauthausen ist es noch ein langer Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft, aber wir alle können unseren Teil dazu beitragen. „Ich danke Ihnen für Ihre Deutlichkeit. Sie schieben alle „Abers“ zur Seite. Das führt dazu, dass sich Dinge bewegen. Das wollen auch wir bei der Lebenshilfe.“, schloss Wolfgang Neumayer, 1. Vorsitzender der Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren e.V.

Aktivist für Inklusion in der Internet- und Medienwelt
Als Inklusions-Aktivist und Gründer der Sozialhelden, einem Netzwerk, das Menschen für gesellschaftliche Probleme sensibilisiert und zum Umdenken bewegen will, arbeitet Raúl Krauthausen seit über 15 Jahren in der Internet- und Medienwelt. Das Netz ist sein zweites Zuhause. Dort twittertbloggt und postet er über die Dinge, die ihn bewegen. Bekannt geworden ist er vor allem durch die von ihm erfundene Wheelmap, eine weltweite digitale Landkarte barrierefreier Plätze, die von Usern erstellt wird, sowie durch sein “Undercover-Heimexperiment” und den Protest gegen das Bundesteilhabegesetz. Der 41-jährige Berliner ist selbst im Rollstuhl unterwegs. „Für die Themen, die mich interessieren und für die ich mich engagiere, ist meine persönliche Behinderung aber nicht von Relevanz. Es ist egal, ob ich Glasknochen habe, Muskelschwund oder eine Querschnittlähmung. Uns alle vereint, dass wir oft mit den gleichen Barrieren der Umwelt zu kämpfen haben. Treppen, Stufen und fehlende Inklusion.“

Bildnachweis: Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren e.V.

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